EIN PAAR VERANDASESSEL

Vergessen, verstaubt, beschädigt - noch zu retten?


Es gibt sie tatsächlich noch, die vergessenen Dachschatzkammern. Das bestätigt wieder einmal der Besitzer eines interessanten Stuhlpaares. "Natürlich wusste ich, dass da zwei Stühle irgendwo auf dem Dachboden rumstehen. Kaputt waren sie, beide. Als ich sie beim Aufräumen hervorkramte, wurde mir klar, dass die nicht auf dem Sperrmüll landen dürfen."


Verandasessel Ansicht
Bild 1 - Verandasessel

Spätestens seit 1909 wurden auf dem Eisenhammer in Neuenschmidten Küchen und Möbel aller Art produziert. So auch die besagten Armlehnstühle. Die Tochtergesellschaft der Keramikfabrik firmierte unter dem Namen 'Möbelindustrie Neueschmidten'. Die Stühle haben keinerlei Herstellerhinweise oder Markierungen, allerdings lassen die Umstände des Auffindens und die Ausführung keine Zweifel daran, dass es sich um Produkte der Schlierbacher Keramikfabrik handelt.

Der Zustand der Stühle ist erstaunlich gut. Zwar hat die Lackierung gelitten und die Sitzflächen, die in dem wenig haltbaren Wiener Geflecht ausgeführt waren, sind zerrissen. Doch nach der geplanten fachgerechten Restaurierung wird das Stuhlpaar als typische Jugendstilmöbel in neuem Glanz erstrahlen.


Die Stühle sind fabrikmäßig aus Buchenholz gefertigt, sehr dunkel gebeizt und mit einer Schelllackpolitur versehen. Besonders die kleinen Keramikfliesen fallen dem Kenner sofort auf. Es handelt sich um Keramikplatten, die im Stil der Kunstabteilung Neureuther gestaltet sind. Das ist sehr bemerkenswert, weil an den Artikeln der Möbelfabrik bisher nur Keramiken aus der regulären Produktion dokumentiert sind.

Katalogblatt
Bild 2 - Rückenlehne mit Kacheln der Kunstabteilung Neureuther

Bisher konnten wir keinen passenden Bildnachweis finden. Armlehnstühle aus der Produktion der Möbelfabrik fielen unter die Produktgruppe der Luxusmöbel und wurden als Verandasessel benannt. Diese vermeintlich hochwertigen Produkte wurden nicht von Anbeginn der Produktion angefertigt, sie kamen später ergänzend zu dem Hauptsortiment, nämlich Kleinmöbeln, hinzu. Eine Datierung auf die Zeit um 1915 scheint realistisch zu sein.

Wir werden über den Fortschritt der Restaurierung berichten.